Abweichendes Wirtschaftsjahr bei der haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft

Wann kann die Wahl eines abweichenden Wirtschaftsjahres anstelle des Kalenderjahres bei einer haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft Sinn machen?

Ist das Geschäftsjahr der Unternehmergesellschaft zwingend das Kalenderjahr?


 

 

 

 

Nein! Bei der haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft kann bereits bei Gründung der Zeitraum des Geschäftsjahres gewählt werden.

 

Gemäß §8 Absatz 1 KStG und §8b EStDV gilt grundsätzlich: Das Wirtschaftsjahr umfasst einen Zeitraum von zwölf Monaten. 

 

Zur Auswahl stehen:

  • Geschäftsjahr identisch mit dem Kalenderjahr,
  • Geschäftsjahr abweichend vom Kalenderjahr („abweichendes Wirtschaftsjahr“),
  • Rumpf-Wirtschaftsjahr.

In der Praxis dürfte dieser Gestaltungsspielraum jedoch ausgehebelt sein, da die Verwendung des Muster-Gründungsprotokolls keine Möglichkeit zur Festlegung eines abweichenden Geschäftsjahres bietet.

 

Nur im Rahmen der individuellen Satzung kann durch entsprechende Formulierung beliebig vom Kalenderjahr abgewichen werden.



Sinn und Unsinn der Festlegung eines abweichendes Wirtschaftsjahres

Insbesondere bei haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaften, deren Geschäftstätigkeit großen saisonalen Schwankungen unterliegt, kann die Festlegung eines abweichenden Wirtschaftsjahres sinnvoll sein. 

 

Als Beispiele seien hier Unternehmen aus den Bereichen Mode-, Textil-, Schuh, Tourismus etc. angeführt. Insbesondere Bekleidungs- und Schuhfabriken unterliegen stark schwankenden Kapazitätsauslastungen. 

 

So fertigt eine Schuhfabrik bspw. bereits im Herbst 2016 die Frühjahr-/ Sommerkollektion 2017 an. Bis zum 31. Dezember 2016 liegen dann Tausende Paar Schuhe auf Lager (die ja im Rahmen der Inventur zum 31.12.2016 gezählt werden müssen). Erst im Januar 2017 kann die Schuhfabrik damit beginnen, ihre Schuhe an die Schuhfachgeschäfte ausliefern. In diesem Fall kann ich mir recht plausibel die Festlegung eines abweichenden Wirtschaftsjahres vorstellen.

 

Achtung: Die Umstellung des Wirtschaftsjahrs auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum ist steuerrechtlich nur dann wirksam, wenn sie im Einvernehmen mit dem für die haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft zuständigen Finanzamt erfolgt (§4a Absatz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG, §8b EStDV, §7 Absatz 4 Satz 3 KStG). Sind bei Ihrer Begründung keine relevanten betriebswirtschaftlichen Gründe für die Umstellung gegeben, so kann das Finanzamt seine Zustimmung verweigern.

 

Welche Gründe sprechen nun im Detail für ein abweichendes Wirtschaftsjahr? 

  • Bei saisonalen Betrieben (Eisdielen, Baugewerbe) kann es sinnvoll sein, den Jahresabschluss und die damit einhergehenden administrativen Arbeiten in Zeiten zu erledigen, in denen die Kapazitäten kaum ausgelastet sind. 
  • Im Rahmen eines Konzerns kann (und sollte!) durch die Umstellung der Geschäftsjahre von Tochtergesellschaften eine Vereinheitlichung des Bilanzstichtags erreicht werden. 
  • Die Umstellung des Geschäftsjahres kann – siehe unser Beispiel – zudem zur Inventur-Erleichterung beitragen, wenn ein Bilanzstichtag gewählt wird, an dem der Lager- und Vorratsbestand entsprechend niedrig ist. 
  • Auch steuerliche Gründe können eine Rolle spielen.

Im - individuellen - Gesellschaftsvertrag könnte ein abweichendes Wirtschaftsjahr wie folgt ausformuliert werden:



„Das Geschäftsjahr beginnt mit dem … und endet mit dem …“


Autor:  Rinteln


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